Gesamtwirtschaftliche Einschätzung der Kapitalmärkte

2024 befindet sich noch in den Anfängen und wie üblich werfen wir nicht nur einen Rückblick auf das vergangene Jahr, sondern wagen auch einen Ausblick darauf, was die Weltwirtschaft und die Finanzmärkte voraussichtlich in den kommenden Monaten erwartet.

Rückblick 2023

„Higher for longer“ war der prägende Ausdruck für das Anlagejahr 2023. Grund dafür war, dass die Zentralbanken die Leitzinsen aufgrund der hartnäckigen Inflation stärker anheben mussten und die Zinsen länger als ursprünglich geplant auf diesem hohen Niveau blieben. Die Maßnahmen zur Inflationsbekämpfung entfalteten aber nach und nach ihre Wirkung. Gegen Jahresende flaute letztendlich die Inflation in allen Industrieländern deutlich ab und näherte sich dem Zielwert von 2 %. Die meisten Zentralbanken der entwickelten Länder beendeten ihren Zinserhöhungszyklus deshalb im Herbst 2023. Trotz hoher Zinsen erwies sich die weltweite Konjunktur als widerstandsfähig. Eine Schlüsselrolle spielte die zu Jahresbeginn abgewendete Energiekrise in Europa. China verabschiedete sich vom Zero-Covid-Regime, was die inländische Nachfrage trotz Immobilienkrise ankurbelte. Konsumenten nutzten ihre während der Corona-Zeit angesammelten Ersparnisse und stützten den Konsum, während viele Unternehmen aufgrund des Fachkräftemangels zurückhaltend bei Entlassungen waren. Diese Faktoren verhinderten, dass die meisten Volkswirtschaften in eine Rezession abrutschten.

Von Bankenturbulenzen zur beeindruckenden Aufholjagd

Die gute Stimmung an den Aktienmärkten wurde nach einem fulminanten Jahresstart durch Turbulenzen im US-Bankensektor abrupt gestoppt. Mehrere kleinere US-Banken mussten gerettet werden, um einen Flächenbrand im Finanzsektor zu verhindern. Die Notfusion der Credit Suisse mit der UBS sorgte zusätzlich für Verunsicherung und hielt die Aktienmärkte vorübergehend auf Trab. Nach einer kurzen Verschnaufpause sorgte im Mai der Hype um künstliche Intelligenz (KI) für Auftrieb an den Aktienmärkten, insbesondere im US-Technologiesektor. Im Spätsommer büßten die Aktienmärkte jedoch einen Teil der Gewinne wieder ein, nachdem der anfänglich erwähnte Ausdruck „Higher for longer“ seitens der Zentralbanken verkündet und die Zinssenkungsfantasie vorerst begraben wurde. Die Erholung begann schließlich im November mit einer beeindruckenden Rallye. Getrieben von überraschend stark sinkenden Inflationszahlen erlebten die Aktienmärkte im November ihren stärksten Monat seit dem Beginn der Corona-Erholung.

Die Aktienmärkte erlebten im Jahr 2023 Höhen und Tiefen, geprägt von turbulenten Entwicklungen im Bankensektor und überraschenden Fusionen. Foto: Adobe Stock, Maximusdn (Generiert mit KI)

Zinsen, Israel und ein glanzvolles Finale

Zu Jahresbeginn und im Sommer verzeichneten die langfristigen US-Zinsen einen kräftigen Anstieg, der zu Kursrückgängen auf den Anleihenmärkten führte. Der starke November konnte jedoch einen Teil dieser Entwicklung aufgrund gesunkener Inflationserwartungen wieder ausgleichen. Schlussendlich schlossen die US-Zinsen das Jahr auf einem ähnlichen Niveau ab, wie sie gestartet waren. Im Vergleich schnitten die europäischen Anleihen besser ab, da hier die teilweise erheblichen Verluste aus dem Jahr 2022 verringert werden konnten. Nach dem Angriff der Hamas auf Israel im Oktober stiegen die Öl- und Goldpreise stark an. Während dieses Ereignis den Ölpreis nicht nachhaltig beeinflusste, erreichte Gold im weiteren Jahresverlauf neue Allzeithochs. Für Investoren mit einem diversifizierten Portfolio verlief das Anlagejahr zunächst positiv, jedoch gab es durchwachsene Phasen. Dank der Kursrallye im November an den Aktien- sowie Anleihenmärkten drehte die Portfolioperformance in einen überzeugenden Plusbereich und führte schließlich zu einem hervorragenden Börsenjahr.

Marktausblick 2024: Nach einer milden globalen Rezession folgt Mitte des Jahres die Erholung

  • Die Weltwirtschaft wird von rezessiven Kräften beeinflusst, jedoch dürften die Auswirkungen auf Wachstum und Beschäftigung gemäßigt und von kurzer Dauer sein.
  • Dies eröffnet vielversprechende Perspektiven sowohl für Aktien als auch für Anleihen und ist somit ein starkes Argument für ein gemischtes Portfolio.
  • Der Zyklus der Zinserhöhungen in der Geldpolitik ist abgeschlossen und erste Zinssenkungen durch Fed sowie EZB werden im Frühjahr 2024 erwartet.

Nach einer milden Rezession zu Beginn des Jahres 2024 wird voraussichtlich ab dem Sommer eine globale wirtschaftliche Erholung eintreten. Die Zinserhöhungen der Notenbanken und die anhaltend hohe Inflation haben in der Realwirtschaft ihre Spuren hinterlassen, wodurch das globale Wirtschaftswachstum, vor allem in den Industrieländern, zu Beginn des Jahres 2024 weiter gedämpft wird. Die negativen Effekte dieser rezessiven Kräfte auf Wachstum und Beschäftigung werden jedoch moderat und von kurzer Dauer sein. Daher ist eine allmähliche Erholung in der zweiten Hälfte des Jahres wahrscheinlich. Obwohl das globale Wachstum im Jahr 2024 insgesamt mit etwa 2 % unter dem Durchschnitt liegen wird, deutet die Entwicklung auf eine positive Trendwende hin.

Weltwirtschaft im Wandel: Nach einer milden Rezession zu Jahresbeginn 2024 deutet sich ab Sommer eine erfreuliche Erholung an. Foto: Adobe Stock, Travel mania

Sowohl die Inflation als auch die Zinsen haben ihren Höhepunkt überschritten. Die Inflation wird sich zwar weiter zurückbilden, aber im langfristigen Vergleich leicht erhöht bleiben. Wir gehen davon aus, dass sowohl die US-Notenbank Fed als auch die Europäische Zentralbank (EZB) ab dem Frühjahr 2024 erste Zinssenkungen vornehmen werden, jedoch nur in Richtung einer neutralen Geldpolitik und nicht zur Stimulation. Für deutliche Zinssenkungen ist die Wirtschaft trotz Verlangsamung zu widerstandsfähig. Hinzu kommt der latente Inflationsdruck, der durch drei strukturelle Entwicklungen aufrechterhalten wird: Der Arbeitsmarkt steht vor Herausforderungen durch eine abnehmende Erwerbsbevölkerung, die preissenkende Wirkung der Globalisierung nimmt ab und die Konjunktur wird weiterhin durch die Industriepolitik stimuliert.

Perspektiven in einem volatilen Marktumfeld

Diese Aussicht bildet unser Kernargument dafür, dass stabilere Erträge für Anleihen zu erwarten sind. Angesichts der wirtschaftlichen Unsicherheiten zum Jahresbeginn sollten Staatsanleihen in Betracht gezogen werden. Im Verlauf des Jahres ergeben sich zudem Möglichkeiten für Unternehmensanleihen, insbesondere bei Anzeichen für eine konjunkturelle Erholung. Unternehmensgewinne spüren zunächst noch Gegenwind durch den Nachfragerückgang und die gestiegenen Kosten. Dies führt zu sinkenden Margen, während die Dividendenrenditen zusätzlich durch die höhere Verzinsung am Kapitalmarkt herausgefordert werden. Die Risikoprämie von Aktien liegt langfristig betrachtet auf einem unterdurchschnittlichen Niveau, dennoch bleibt die Renditeerwartung für Aktien höher als bei Anleihen. Innerhalb des Aktienmarkts weist der US-Markt strukturelle Vorteile auf, während Europa zunächst mit den höheren Energiepreisen und der Flaute im verarbeitenden Gewerbe zu kämpfen hat. In China wird das Wirtschaftswachstum nicht mehr die gewohnte Stärke aufweisen, was für Aktien in Schwellenländern eine Herausforderung darstellt.

Globale Finanzmärkte bieten diverse Perspektiven: Von stabilen Erträgen mit Anleihen bis zu interessanten Chancen am Aktienmarkt. Foto: Adobe Stock, Margo_Alexa (Generiert mit KI)

Währungen, Rohstoffe und Gold im Fokus

Die Nachfrage nach dem US-Dollar wird im Jahr 2024 grundsätzlich abnehmen, da der Zinshöhepunkt in den USA überschritten ist. Unter den defensiven Währungen sprechen die niedrige Bewertung und die Zinskonvergenz zu anderen Regionen für den japanischen Yen. Der sinkende Zinsnachteil unterstützt auch den Schweizer Franken. Zyklische Währungen wie der Euro bieten bei einer konjunkturellen Aufhellung im Jahresverlauf wieder verstärktes Potenzial. Die weltweit angespannte konjunkturelle Lage wird zu Beginn des Jahres 2024 die Nachfrage nach Rohstoffen beeinträchtigen. Die Preise für als zyklisch geltende Rohstoffe deuten jedoch bereits auf eine gewisse Abschwächung hin. Mit der erwarteten wirtschaftlichen Erholung im Laufe des Jahres eröffnen sich wieder Chancen. Für Gold bestehen kurzfristig Abwärtsrisiken, insbesondere aufgrund der hohen Opportunitätskosten im Vergleich zu festverzinslichen Anlagen, was die Bewertung von Gold derzeit als hoch erscheinen lässt. Dennoch könnten potenzielle Zinssenkungen der bedeutenden Notenbanken im Verlauf des Jahres 2024 Gold wieder Auftrieb verleihen.

Vielversprechende Chancen durch diversifizierte Portfolios

Die aktuellen Aktienbewertungen spiegeln die konjunkturelle Abkühlung noch nicht vollständig wider, was im ersten Quartal 2024 zu einer anhaltend hohen Volatilität führt. Dennoch ist dies der Zeitpunkt, um das Portfolio schrittweise in zyklische Investments umzuschichten und die Aktienpositionen auszubauen. Die erwartete Konjunkturschwäche im ersten Quartal dürfte jedoch rasch überwunden werden. Zudem sind die Zeiten vorbei, in denen Anleger keine Alternative zu Aktien hatten. Anleihen bieten nun wieder positive Renditen und ihre Kurse werden von der Konjunkturschwäche, dem Rückgang der Inflation sowie den erwarteten Zinssenkungen profitieren. Mit der konjunkturellen Stabilisierung und dem neutralen Zinsumfeld werden auch die Aktienmärkte voraussichtlich wieder positiver tendieren. Insgesamt bieten ein diversifiziertes Portfolio und ein langfristiger Anlagehorizont eine robuste Strategie zur Risikominimierung, Renditesteigerung und zum langfristigen Kapitalaufbau.

 

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