Privatstiftungen und Pandemie | Ein Gastbeitrag von DDr. Katharina Müller und Dr. Martin Melzer

Pressemitteilung vom 10. März 2021

Die aktuelle Situation zeigt, dass man nicht alle Unwägbarkeiten des Lebens vertraglich berücksichtigen kann. Es trifft wohl keine aktuelle Stiftungserklärung umfassend Vorsorge für eine Pandemie und die damit einhergehenden Beschränkungen des öffentlichen Lebens sowie der wirtschaftlichen Folgen.

Eine Analyse der Stiftungserklärungen anlässlich der aktuellen Situation zeigt in der Regel Anpassungsbedarf in dem einen oder anderen Punkt.

Das beginnt mit der Sicherstellung der Handlungsfähigkeit der Stiftung trotz Lockdowns und Beschränkung des öffentlichen Lebens, etwa durch die Verankerung von Umlaufbeschlüssen sowie der Möglichkeit der Abhaltung von Vorstandssitzungen per Videotelefonie. Dies gilt auch für andere kollegiale Stiftungsorgane, etwa Familienbeiräte.

Als problematisch erweisen sich aktuell Zuwendungsbestimmungen, die für die Gewährung von Zuwendungen zB das Erreichen eines bestimmten Jahresüberschusses vorsehen. Wird diese Voraussetzungen nicht erreicht, dürfen keine Zuwendungen ausgezahlt werden. Manche Begünstigte sind auf die Zuwendungen aus der Privatstiftung aber gerade in Krisenzeiten angewiesen. Genau das ist bei dieser Gestaltung unter Umständen schwierig. Sprich: Verdient die Stiftung nichts, bekommen auch die Begünstigten (trotz allenfalls beträchtlichem Vermögensstamm) in der Krise nichts. Um solche Härtefälle abzufedern, empfiehlt es sich, bestimmte Mindestzuwendungen in der Stiftungserklärung vorzusehen, die jedenfalls (unabhängig von bestimmten Jahresergebnissen) zu tätigen sind und auch aus der Substanz erfolgen können.

Die rasanten Kursentwicklungen an den Börsen haben einmal mehr gezeigt, dass der Stiftungsvorstand flexible Veranlagungsbestimmungen braucht, die es ihm erlauben, rasch auf drastischen Entwicklungen reagieren zu können. Allzu konservative Vorgaben sollten kritisch hinterfragt werden.

Beteiligungsunternehmen der Stiftung können aufgrund der Krise in eine wirtschaftliche Schieflage geraten. Die Stiftungserklärung sollte zumindest die Möglichkeit eröffnen, diese Unternehmen finanziell zu unterstützen oder aber durch eine Priorisierung der Stiftungszwecke (Förderung der Unternehmen versus Versorgung der Begünstigten) klare Richtlinien vorgeben, zu welchem Zweck Stiftungsvermögen in der Krise primär zu verwenden ist.

Last but not least: gerade in Krisenzeiten ist es wichtig, die Anpassungsfähigkeit der Privatstiftung sicherzustellen. In vielen Stiftungserklärungen wird auf den Fall der Geschäftsunfähigkeit des Stifters nicht Bedacht genommen, sprich es fehlen Regelungen etwa zur Ausübung des Änderungsrechts in diesem Fall. Voraussetzung für eine Änderung der Stiftungserklärung ist die Existenz eines änderungsberechtigten Stifters. Ist dieser geschäftsunfähig, kann mangels anderer Regelung das Änderungsrecht nur durch einen gerichtlichen Erwachsenenvertreter ausgeübt werden. Besser ist es, für diesen Fall vorzusehen, dass das Änderungsrecht durch andere Stifter ausgeübt werden soll (unter Berücksichtigung der Interessen des geschäftsunfähigen Stifters), oder aber eine Vorsorgevollmacht zu errichten.

Stifter und Stiftungsvorstände sollten daher prüfen, ob die Regelungen in der Stiftungserklärung auch für Krisenzeiten und deren spezielle Anforderungen geeignet sind. Dabei ist insbesondere darauf Bedacht zu nehmen, dass die aktuelle Ausnahmesituation andauern kann und das Ausmaß der zu erwartenden Wirtschaftskrise derzeit nicht abschätzbar ist.